Landesmuseum Burgenland

Museumsgründer Sándor Wolf

Privatsammlung als Grundstein

Die Gründung des Landesmuseums Burgenland ist vor allem dem Eintreten engagierter Persönlichkeiten zu verdanken, wie dem damaligen Landeskulturreferenten Ludwig Leser und dem des Weinhändlers, Sammlers und Kunstmäzens Sándor Wolf.

Der zum ehrenamtlichen Landeskonservator ernannte Wolf stellte im Jahr 1926 das ehemalige Leinner-Haus in der Rusterstraße in Eisenstadt für die Einrichtung des Burgenländischen Landesmuseums zur Verfügung. Angeregt vom Fund einer römischen Münze, hatte er bereits um 1900 begonnen, eine Privatsammlung anzulegen, die er in diesem Haus öffentlich zugänglich machte. Seine Museumsbestände umfassten im Jahr 1930 etwa 6.000 Objekte, mit Schwerpunkt Archäologie, Kunst und Kunstgewerbe sowie Judaica.
 

Die Wohnhäuser des Weinhändlers

1938, nach der Beschlagnahmung und Enteignung seines Besitzes durch die örtlichen NS-Behörden, musste Sándor Wolf nach Palästina fliehen, wo er 1946 starb. Enttäuscht hatte er kurz davor in einem Brief mitgeteilt, dass er nicht mehr plane, nach Eisenstadt zurückzukehren, „weil man uns die Heimatliebe ausgebläut hat…“. Im ehemaligen Privathaus der Familie Wolf und dem angrenzenden Schlesinger-Haus wurden ab 1938 auch die Bestände des „Burgenländischen Landschaftsmuseums Eisenstadt“ untergebracht.

Bereits kurz nach Sándor Wolfs Tod trat die Burgenländische Landesregierung in Ankaufsverhandlungen für das ehemalige Wohnhaus mit der Haupterbin, Frieda Löwy, Wolfs Schwester, ein, die jedoch erst 1958 erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Den Großteil der berühmten Wolf-Sammlung verkaufte die Erbin an das Auktionshaus „Galerie Fischer“ in Luzern. Teile, vor allem Judaica, erwarb das Land von ihrem Anwalt.

Der Gedenkraum in der ehemaligen Privatbibliothek des Museumsgründers zeigt einen Querschnitt über die Sammlungstätigkeit von Sándor Wolf sowie Familienerbstücke und Urkunden zur Geschichte des Hauses. Fotos geben einen Einblick in die seinerzeitige Aufstellung der Sammlung im ehemaligen Privatmuseum.

Sándor Wolfs Geschichte ist eng mit dem Schicksal der jüdischen Gemeinde Eisenstadts verwoben.
 

Die Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Eisenstadt

Eine erste Judengemeinde erhielt 1388 die Ansiedlungserlaubnis. Das erste Ghetto, begrenzt von Hauptstraße, Esterházyplatz, Haydngasse und Weiglgasse wurde 1671 nach Ausweisung der Juden aufgegeben. Im gleichen Jahr erfolgte die Gründung eines neuen Judenviertels beim Esterházyschen Meierhof, westlich vom Schlossgrund, genannt Unterberg. Es bildete bis 1938 als selbstständige Gemeinde ein Unikum in Europa. Eine der bedeutendsten und prominentesten Familien des jüdischen Viertels von Eisenstadt war die reiche Weinhändlerfamilie Wolf.

BG Home

Familiäre Wurzeln in jüdischer Gemeinde Wiens

Die Wurzeln der Familie Wolf reichen bis in die Wiener jüdische Gemeinde zurück. In Eisenstadt ist erst der ca. 1718 verstorbene Benjamin Wolf Austerlitz greifbar, der höchstwahrscheinlich als Wiener Exilant vor 1690 über Nikolsburg nach Eisenstadt gekommen war und somit zu den Gründervätern der wiedererrichteten Gemeinde zählte. Sein Urenkel Joachim übernahm erstmals den ursprünglichen Vornamen Wolf zu seinem Familiennamen, sodass er als Stammvater (im engeren Sinn) der Familie Wolf bezeichnet werden kann. Er war 1790 auch Gründer der Weinhandlung Wolf, die im späten 19. und im 20. Jahrhundert als Weingroßhandlung Leopold Wolf’s Söhne bekannt war. Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts kaufte die Firma Weine der Umgebung auf, exportierte nach Wien und Umgebung, dann nach Böhmen, Mähren, Österreichisch- und Preussisch-Schlesien, später nach Russisch-Polen und nach Süddeutschland. In den 1850er Jahren traten Adolf und Ignatz Wolf an die Seite ihres Vaters Leopold Wolf als Teilhaber in die Firma ein. Nach dessen Tod 1866 wurden die beiden Brüder Firmeninhaber.

Als die Reblaus um 1880 die Weingärten Frankreichs vernichtete und Frankreich sich gezwungen sah, große Mengen an Wein einzuführen, deckte die Firma Wolf eine großen Teil dieses Bedarfs. 1885 erwarb die Firma die Wiener Weinhandlung Bauer, die zwar als eigenes Unternehmen weiter bestand, aber als Teilhaberfirma der Firma Leopold Wolf’s Söhne geführt wurde. Etwas später (1890) gründete die Firma eine Filiale in Fiume, die dalmatinische Weine in den Verkehr brachte und italienische Weine importierte. Nach dem Verbot der Aufzuckerung des Weines in Ungarn verlegte die Firma ihre Süßweinerzegung 1908 nach Ebenfurth. Ab 1901 war die Firma im Besitz von Ernst Wolf, Leopold Wolf und Alexander (Sándor) Wolf.
Die Privatsammlung von Sándor Wolf, die erste Unterbringung des Landesmuseums im Leinner-Haus und später in den Wolf-Häusern, machen den vertriebenen jüdischen Weinhändler zum Gründer des Landesmuseums Burgenland.

BG Home