Landesmuseum Burgenland

Jüdischer Weinhändler als Museumsgründer

Die Hausgeschichte

Das Landesmuseum Burgenland ist seit 1938/39 in dem Häuserblock, der von der Meierhofgasse, der Museumgasse, dem Jerusalemplatz und der Sandor Wolfgasse begrenzt wird, untergebracht. Dieser Häuserblock gehörte viele Jahrzehnte lang jüdischen Eigentümern. Der Weinhändler Sándor Wolf, selbst Sammler, Mäzen und Initiator eines Privatmuseums,  war der Gründer des Wolf-Museums und Besitzer von vier der insgesamt fünf Häuser, in denen seit 1939 das heutige Landesmuseum untergebracht ist. Seine Geschichte ist eng mit dem Schicksal der jüdischen Gemeinde Eisenstadts verwoben.
 

1921
Neues Bundesland – neues Museum

Erst mit Entstehen eines selbständigen Bundeslandes Burgenland im Jahr 1921 begann der Aufbau einer landesspezifischen Sammlung. Die meisten Bestände der vorherigen Sammlungstätigkeit über dieses Gebiet befanden sich 1921 in ungarischen Museen.

Es gab allerdings private Sammler wie den Weingroßhändler Sándor Wolf oder die Schlosssammlung Erdödy und engagierte Personen rund um den burgenländischen Heimat- und Naturschutzverein, die eine rege Sammlungstätigkeit entwickelten und zu denen wiederum in prominenter Position der ehrenamtliche Konservator des Bundesdenkmalamtes Sándor Wolf gehörte.

Dieser Personenkreis leistete eine wichtige Lobbyarbeit, die letztlich dazu führte, dass seitens der Burgenländischen Landesregierung die Gründung eines Landesmuseums und damit ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des Landesbewusstseins in die Wege geleitet wurde.

Mit der Vorbereitung zur Errichtung des Landesmuseums beauftragte der zuständige Referent in der Landesregierung, Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. h.c. Ludwig Leser, Herrn Sándor Wolf. Dieser stellte als provisorische Unterkunft für das Museum das Leinner-Haus in der Eisenstädter Rusterstraße gegen einen Anerkennungszins von 1 Schilling zur Verfügung. Wolf wurde zugleich ermächtigt, den anerkannten Museumsexperten Dr. Alphons Barb beizuziehen.

Im Juli 1926 wurde mit der Einrichtung des Museums begonnen. Am 14. September 1926 erfolgte die Eröffnung durch Bundespräsident Dr. Michael Hainisch. Zum ersten Direktor des Museums wurde Dr. Alphons Barb bestellt. Das Leinner-Haus wurde 1930 vom Land angekauft.

Sammlungsschwerpunkte waren von Anfang an: Urgeschichte und Archäologie, Kultur- und Landesgeschichte, Volkskunde, Geologie und Biologie. Die Sammlungsbestände wuchsen rasch an. Dieses Anwachsen bewirkte eine akute Raumnot, sodass im Laufe der Jahre immer wieder andere Unterbringungsmöglichkeiten gesucht wurden.
 

1939
Flucht vor dem Nazi-Regime

Die nationalsozialistische Machtübernahme 1938 bewirkte die Entlassung von Direktor Barb, die Umfunktionierung des Landesmuseums in ein Landschaftsmuseum und eine Außenstelle des NÖ Landesmuseums sowie die Abtretung von Sammlungsbeständen an die Gaue Steiermark und Niederdonau.

Gleichzeitig wurde 1939 – nachdem Sándor Wolf enteignet worden war und nach Israel flüchten musste – das Museum in die sogenannten Wolf-Häuser in der Meierhofgasse übersiedelt und mit der bekannten Wolf-Sammlung zusammengeführt, die allerdings nie in die Gesamtsammlung integriert, sondern vom Museum als geschlossene Einheit treuhändisch betreut wurde.

Die vier Wolf-Häuser sind Teil einer Gruppe von fünf Häusern des 17. bis 19. Jahrhunderts. Der Häuserblock befand sich außerhalb des jüdischen Viertels. Besitzer von Grundstücksnummer 223 war ein gewisser Moritz Schlesinger. Die Grundstücke Nr. 224 bis 227 gehörten der Familie Wolf, die die Häuser vor der Verlegung des Firmensitzes in das nahe gelegene Wertheimer-Haus (heute Österreichisches Jüdisches Museum in Eisenstadt) als Firmenzentrale, später in der Hauptsache für Wohnzwecke und die Unterbringung des von Sándor Wolf zusammengestellten und 26 Räume umfassenden Wolf- Museums nutzten.

Die Leitung des Museums wurde Prof. Richard Pittioni übertragen, nachdem kurzzeitig die Geschäfte von Herrn Karl Kritsch, dem Vorsitzenden des Burgenländischen Heimat- und Naturschutzvereins, geführt worden waren. Auf Prof. Pittioni folgte 1942 Prof. Gruzecki und danach Reg. Rat Prof. Eitler.

 

Nach 1945
Ankauf der restituierten Gebäude

Nach 1945 wurde das Landesmuseum als Abteilung des Amtes der Burgenländischen Landesregierung neu geschaffen. Zum Leiter wurde der ursprünglich aus dem Lehrberuf kommende WHR Adalbert Riedl bestellt. Die Abteilung samt Sammlung verblieb in den 4 Wolf-Häusern und dem Schlesinger-Haus in der Meierhofgasse. Mit den Erben der Häuser und der Wolf-Sammlungen, denen die Besitztümer gemäß dem 1. Restitutionsgesetz zurückerstattet worden waren, wurde dahingehend eine entsprechende Vereinbarung getroffen, auch hinsichtlich der weiteren treuhändischen Verwaltung der Sammlung.

1950 erfolgte der Ankauf des Schlesinger-Hauses, 1958 jener der Wolf-Häuser, jeweils zu den Konditionen der Erben durch die Burgenländische Landesregierung. Zwischen dem Land und den Erben gab es schon sehr früh eine Übereinstimmung, auf gegenseitige Forderungen zu verzichten.


 

1958 
Das Schicksal der berühmten Wolf-Sammlung

Mit Regierungsbeschluss vom 19. 6. 1957 erklärte sich die Burgenländische Landesregierung darüber hinaus bereit, gegen die Aufhebung der durch das Denkmalschutzgesetz bestehenden Beschränkung der Rechte von Frau Löwy , der Erbin von Sándor Wolf, in Bezug auf die Wolf-Sammlungen (Veräußerungsverbot außerhalb Österreichs) keine Einwände zu erheben. Die Folge davon war der von der Erbin, Frau Frieda Löwy, veranlasste Verkauf der Wolf-Sammlung.
Das Landesmuseum war einer der Käufer. Über den Rechtsanwalt von Frau Löwy, Dr. Fried, wurden 1958 jene Bestände der ehemaligen Wolf-Sammlung, die für das Land von Interesse und von Bedeutung waren, angekauft. Der überwiegende Teil der Wolf-Sammlung ging jedoch 1958 an das Schweizer Auktionshaus Galerie Fischer in Luzern. Von diesem wurden seitens des Landesmuseums im Laufe der folgenden Jahre immer wieder ursprünglich nicht berücksichtigte Bestände der Wolf-Sammlung erworben.

1963 bekam das Landesmuseum mit WHR Dr. Alois Ohrenberger einen neuen Leiter. Unter seiner Führung wurde das Landesmuseum in seiner jetzigen Gestalt geschaffen. Die ehemaligen Wolf-Häuser entsprachen den damals zeitgemäßen musealen Erkenntnissen nicht mehr.


 

1965
Renovierung und Neubau

1965 beschloss die Landesregierung, das Landesmuseum aus- und umzubauen. Der Neu- bzw. Umbau zu einem für die damalige Zeit hochmodernen Landesmuseum wurde in den Jahren 1968 bis 1976 nach den Plänen der Architekten Hans Puchhammer und Günther Wawrik durchgeführt. Die drei Häuser mit ihrer schönen Fassade wurden saniert. Es blieb auch der Komplex mit den reizvollen Innenhöfen erhalten, der dem Besucher die typische Atmosphäre alter burgenländischer Bürgerhäuser vermittelt. Trotz des kompromisslosen Hinzufügens eines modernen Neubaus, der eine große zweigeschossige Ausstellungshalle, den Mosaikkeller und den Verwaltungstrakt umfasst, gelang es, den Ensemblecharakter durch Farbgebung und Abstimmung der Gebäudehöhen zu erhalten. Die gekonnte Verbindung von Altem und Modernem fand allgemein Zustimmung.

Schwerpunkte des neuen Museums, das im Herbst 1976 eröffnet wurde, bildeten neben der allgemeinen Landesschau (Geologie, Paläontologie, Biologie, Urgeschichte, Archäologie, Volkskunde und Kulturgeschichte) vor allem der Keller mit 300 m2 römischen Mosaiken aus der so genannten Kaiservilla von Bruckneudorf, das burgenländische Weinmuseum, die Darstellung der Fauna und Flora des heute zum UNESCO-Kulturerbe zählenden Biotops Neusiedler See, der Blaue Salon von Eduard Liszt aus dem Schottenhof in Wien, die Münzschatzfunde sowie die aus der Bergkirche von Eisenstadt stammende barocke Haydn-Orgel.

Von 1980 bis 1990 führte WHR Dr. Hanns Schmid die Geschäfte des Landesmuseums, der erstmals einen Gesamtkatalog der Schausammlung herausgab. Ihm folgte 1990 bis 2002 WHR Dr. Gerald Schlag. Mitte 2002, unter der Leitung des Vorstandes der Kulturabteilung WHR Dr. Josef Tiefenbach erfolgte eine grundlegende Umgestaltung der Organisationsstruktur des Landesmuseums und der Landesgalerie Burgenland.

 

Innenhof, © Foto im Lohnbüro
Innenhof, © Foto im Lohnbüro
Das Landesmuseum Burgenland von oben, © KBB
Das Landesmuseum Burgenland von oben, © KBB
Au­ßen­an­sicht, ©KBB Weiss
Au­ßen­an­sicht, © KBB
Sándor Wolf, © KBB
Sándor Wolf, © KBB
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2006
Neueröffnung

Am 30. März 2006 wurde das Landesmuseum Burgenland neu eröffnet. 80 Jahre nach der Gründung und 30 Jahre nach der letzten Umgestaltung war es dringend notwendig geworden, das Haus und die Schausammlung auf einen zeitgemäßen Standard zu bringen. Fluchtwege, Alarmanlage, Brandschutz, Beleuchtung, sanitäre Anlagen, behindertengerechter Zugang wurden den modernen Anforderungen angepasst und neben der Neugestaltung der Schausammlung auch eine Neugestaltung von Shop und Führungslinie und die Entwicklung attraktiver Präsentationsmethoden verwirklicht. Architekt DI Anton Mayerhofer und Ausstellungskurator Mag. Michael Weese setzten dieses Konzept um. Das einzigartige Ambiente des Hauses ist dabei erhalten geblieben und offenbart sich nicht zuletzt in den ehemaligen Wohn- und Bibliotheksräumen von Sándor Wolf, von denen einige noch weitgehend erhalten sind.

Anfang 2011 übernahm die KSB – Kultur-Service Burgenland, ab 2017 KBB – Kultur-Betriebe Burgenland genannt, unter Geschäftsführer Dr. Wolfgang Kuzmits zentrale Aufgaben wie Ausstellungsorganisation, Kulturvermittlung, Marketing und Gebäudemanagement. Seit dem wurden viele Bereiche der Dauerausstellung um- und neugestaltet. Die „Pannonische Musikgeschichte“, der „Fall des Eisernen Vorhangs“ und die "Religionen der Volksgruppen" sind wesentliche neue Themenbereiche. Zwei Sonderausstellungen pro Jahr widmen sich den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Themen. Auch die Kulturvermittlung wurde sowohl im Erwachsenen- als auch im Kinder- und Schulbereich auf sehr erfolgreiche, zeitgemäße Beine gestellt.

 

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